2017 - Student Exchange Report - Shenkar College of Engineering a Design - Kreyden Loïc

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Loïc Kreyden, Studienjahr 2016-2017, Partnerhochschule: Shenkar (Tel Aviv)

Ich bin Loïc, 23 Jahre alt und studiere Animation (mit Spezialisierung auf Stop Motion). Dieser Bericht könnte auch für andere Studienrichtungen spannend sein, da ich mich in Shenkar nicht mit der Animation befasst habe und im Visual Communications Departement und vor allem im Art Departement studiert habe. Für ein Animationsstudium ist Shenkar nicht geeignet.

Entscheidung

Ich habe mich für mehrere Schulen beworben, darunter auch für auf Animation spezialisierte Schulen (Willem de Kooning, Rotterdam). Banal ausgedrückt hat man bei der Entscheidung einen Parameter zwischen Stadt und Studium. In diesem Parameter gewertet hatte ich die Wahl zwischen Abenteuer und „Serious-Life“. Rotterdam, eine Stadt in Europa mit anerkanntem Animationsstudiengang oder Tel Aviv im Brandherd des Nah Ost Konfliktes und einem anderer Studiengang, als ich ihn an der HSLU habe. Für mich war ziemlich schnell klar wohin es mich zieht aus verschiedenen Gründen. In der Animation selbst sehe ich mich eher als Freigeist, bin mit Stop Motion eher ein Aussenseiter und interessiere mich auch für andere Praktiken, vor allem auch für die Fotographie. Ich habe den Austausch mehr als „Studies of Life“ gesehen und brauchte dafür keine renommierte Universität in einem sicheren und gewohnten Umfeld. Dies auch weil ich weiss, dass ich selbständig sehr gut arbeiten kann.

Studium

Vorne weg: Man muss sich durchkämpfen, von A-Z, es fliegt dir nichts entgegen. Ich habe im Vorfeld keine Antwort bekommen wann das Studium überhaupt anfängt und auf eine englische Kursliste wartest du auch vergebens. Ich habe mir im Sekretariat die Kurse diktieren lassen, welche mich interessieren könnten und die ersten zwei Wochen bin ich dann in die Klassen hineingeplatzt und habe geschaut ob ich es wählen möchte. In diesem zeitintensiven Prozess kristallisierte sich heraus, dass mir das Art Departement viel besser liegt, weshalb ich schlussendlich 3 von 4 Kursen in der Kunst belegt habe (Fotografie, Malerei, Video und dann noch einen Kurs namens „Collections“ in der VisCom). Dies war für mich persönlich die beste Entscheidung, die ich treffen konnte. Alle Studiengänge, darunter auch VisCom, befinden sich in einem grossen neuen Gebäudekomplex, das Art Departement ist 10 Minuten zu Fuss in einem eigenen übersichtlichem Bauhaus Gebäude. In der Kunst ist die Stimmung familiär, sehr geschäftig aber auf ein kreative und hilfsbreite Weise. Man kann auch mal ein Nagel in die Wand schlagen oder Fenster zubetonieren. Im VisCom Departement ist die Stimmung eher angespannt und strikt. Dazu muss man wissen, dass das System Wochenbasiert ist. Jede Woche muss man im jeweiligen Kurs anwesend sein (mehr oder weniger) und Resultate liefern.Ich bin der grösste Feind dieses Systems konnte es mir aber so einrichten, dass es für mich passte. Vor allem Dank des Art Departements, welches viel weniger militärisch ist. Ich will die VisCom nicht schlecht reden, sondern mehr meine Begeisterung für das Art Departement ausdrücken.

Wichtige Frage: Alles auf Englisch?

Nein! Hängt vom Lehrer ab, ein Kurs war mehr oder weniger komplett auf Englisch bei den Anderen eigentlich alles auf Hebräisch. Wie geht das? Keine Panik, versuchen einzuschnappen was geht. Ich habe es eine Spannende Herausforderung gefunden und für mich hat es gepasst, es war aber nicht immer einfach und manchmal auch sehr ermüdend. Es beschränkt die wählbaren Kurse schon, da Webprogramming auf hebräisch schwierig wird.

Das grösste Plus waren die Dozenten. Ganz nach israelischer Art: direkt und ehrlich. Ein grosser Kritikpunkt von mir an der HSLU ist die fehlende Kritik und die einhergehende schweizerische Schönrederei. Die Lehrer der Shenkar sind meist praktizierende und renommierte Israelische Künstler, mit viel Fachwissen. Die Kritik ist sehr hart, es wird nicht gespart damit, doch mich hat es enorm weitergebracht. Es gibt viel Reibung, welche bei mir ein Feuer entfacht haben. Wer eine dünne Haut hat könnte auch untergehen.

Diese Mentalität erfährt man auch von Mitstudierenden, was auch sehr inspirierend ist. Die Infrastruktur und der technische Support ist weit weg vom HSLU-Standard und Equipment auszuleihen ist ein mühsames unterfangen.

Israel

Sollte man wirklich nach Israel gehen und damit unterstützen was dort vor sich geht? Prinzipiell bin ich auch kritisch, doch besser als Stammtisch Vorurteile ist sich selbst ein Bild zu machen. Mehrere Reisen nach Palästina und in Israel, auch mitten in die Brandherde, haben definitiv meine Augen geöffnet und meine Wahrnehmung der Welt geprägt. Was ich dort erlebt habe kann von keiner Doku gefüllt werden.

Beeindruckend für mich waren die grossen Unterschiede im Gebiet selber. Tel Aviv ist ein von Europa geprägte, pulsierende Stadt, jeden Tag Wochenende sozusagen. Bei feuchten fast 40 Grad räkeln sich nackte durchtrainierte Oberkörper am Strand und keine Stunde Autofahrt weiter östlich in Jerusalem sind kurze Hosen ein Tabu. In Haifa leben Muslime und Israelis Seite an Seite ein paar Kilometer weiter Mauer an Mauer. Von trockener Wüste über totes Meer bis zu fliessenden Quellen findet sich alles auf einer Fläche kleiner als die Schweiz. In Palästina ist man voll im arabischen Nahen Osten mit und in Tel Aviv im Wolkenkratzerjungel, wo vor 70 Jahren noch Wüste war. Ein Gebiet voller Geschichte und Geschichten, mit Menschen aus aller Welt.

Die Mentalität der Menschen in Israel hat mich sehr geprägt. Eine direkte schnörkellose Art an die man sich gewöhnen muss. Doch ist man einmal drin finde ich es viel angenehmer als die Floskeln-Schweiz. Man weiss immer wo man steht bei den Menschen und stimmt mal etwas nicht bekommt man es schon mit. Man lernt viele verschiedene Kulturen kennen, da die Wurzeln der Israelis auf der ganzen Welt verteilt sind. Ein kurzes Beispiel zum Leben dort: Wenn man auf der Post eine Wartenummer zieht ist das nur die halbe Miete.

Die Bevölkerung in Palästina habe ich als sehr freundlich, willkommend und herzlich empfunden. Ich beantworte sehr gerne eure Fragen, ihr könnt mich einfach per Telefon, Mail oder auch per Flaschenpost kontaktieren.

Loïc