2018 - Student Exchange Report - Kingston University, London - Özgür Befrin

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Befrin Özgür, Studienjahr 2017/18, 4, Semester, Kingston University London


Wie kam ich auf Kingston

Da Grossbritannien über eine grosse und weit zurück gehende Animationsbranche verfügt, wollte ich ein Auslandssemester dort absolvieren. Neben der Kultur erhoffte ich mir, die dortige Lebens- wie auch Arbeitsweise kennenzulernen. Zudem würde ein Aufenthalt in Grossbritannien(GB) meine Englischkenntnisse verbessern.

Ich entschied mich für die Kingston University London, obwohl diese nicht auf CGI (3D) ausgerichtet war. Zur dieser Entscheidung brachte mich die Lage von Kingston, da sie nahe London ist und somit auch in der Nähe der Stadt mit den meisten Animationsfirmen und Studios in GB. Hinzukommt, dass Kingston für die Förderung von Zeichnen und Illustrieren bekannt ist. Ich wollte diese Gelegenheit nutzen, um meine Fähigkeiten im Zeichnen und 2D animieren weiterzuentwickeln.

Unterkunft

Ich habe lange Zeit zwischen eines der Studentenwohnheime und einer WG als Unterkunft geschwankt. Durch Gespräche mit anderen Leuten, die in London gelebt/gearbeitet haben und die mir von einer WG abgeraten haben, habe ich mich fürs Studentenwohnheim entschieden. Leider gestaltete sich auch dies nicht so einfach und unkompliziert wie erhofft. Die dafür vorgesehene Anmeldung erfolgte durchs Internet. Durch Serverfehlern erhielt ich aber nie eine schriftliche Bestätigung für das Zimmer, obwohl eine Summe von £300 von mir vor bezahlt werden musste. Auf dies bezüglich geschrieben E-Mails habe ich gar keine bis sehr späte Antworten erhalten. In England angekommen machte ich mich auf den Weg zu Clayhill, das Studentenwohnheim in dem ich versucht hatte ein Zimmer zu buchen. Dort angekommen erhielt ich ein kleines Zimmer für £138 die Woche. Das Zimmer war klein und hatte ausser einem Bett, Schreibtisch und einige Verstaumöglichkeiten wie Schrank, Kommode und Regale auch ein winziges Badezimmer zu bieten, in der es unmöglich war, eine Dusche zunehmen ohne, dass das gesamte Badezimmer Unterwasser stand. Zum Kochen und essen steht eine Gemeinschaftsküche, die mit den restlichen drei Bewohnern auf dem Stockwerk geteilt wird.

Mein Zimmer, gerda nach der Ankunft

Für Kopfkissen und Decke muss man selber sorgen, denn diese werden vom Studentenwohnheim nicht zur Verfügung gestellt. So ohne Decke und lausiger Heizung und Isolation gestaltete sich meine erste Nacht im Januar in Kingston eher kühl. Was ich dazumal nicht wusste, mein gesamter Aufenthalt würde sich eher kühl gestalten, und ich meine nicht nur das Wetter.

Neben Kopfkissen und Decke sollte man sich auch Küchengegenstände wie Töpfe, Pfannen, Teller, Schüssel, Tassen/Gläser und Besteck organisieren, also alles was man so zum Kochen und essen braucht, denn auch diese gibt es nicht von Clayhill, aber immerhin haben sie sich um einen Kühlschrank und Herd gekümmert, sodass man nicht auch diese selbst kaufen musste.

Kingston Email

Pic Clayhill Halls of Residents, das Studentenwohnheim in dem ich lebte.

Als Kingston Student erhält man eine Identifizierungsnummer der aus dem Buchstaben «K» und Zahlen besteht. Mit dieser Identifizierungsnummer kann man sich an Computern und im System anmelden. Zudem wird diese Nummer auch für die Schul–E-Mail–Adresse (k123456@kingston.ac.uk) benutzt. Aber Achtung! Es kann sein, dass dies vergessen wird zu erwähnen und die wenigen Informationen die man bis dahin erhalten hätte, werden an genau diese E-Mail Adresse geschickt von der man nichts weiss. Ist mir passiert.

Um an Unterrichtspläne und dergleichen zu kommen muss man sich in Canvas anmelden, einer App/Software, die in Kingston verwendet wird. Dazu braucht man auch wieder die Kingston E-Mail Adresse und muss zusätzlich noch warten, bis man von der Schule dort freigeschaltet wird. Diese Freischaltung folgt nach dem Semester beginn, dementsprechend kann man immer noch nicht auf Informationen zugreifen, selbst wenn man seine Kingston E-Mail Adresse kennt.

Organisation & Kommunikation

Informationen zum Unterrichtsbeginn erhielt ich keine. Weil ich dadurch nicht wusste, wann und wo ich am Montag zu sein hatte, entschied ich mir den Tag Freizunehmen und die Umgebung zu erforschen. Als am Dienstagmorgen noch immer keine Informationen mich erreicht hatten, ging ich zum Hauptgebäude und stellte mich im Sekretariat vor. Diese schickten mich mit einer Adresse dann fort. Wie sich herausstellte, war das Animations/Illustrations Departement aufgrund von Renovationsarbeiten ausgezogen und befand sich irgendwo Abgeschieden.

Ich erhielt den Eindruck, dass die Dozenten gar nicht über mein Erscheinen informiert wurden oder, dass sie es vergässen hatten. So oder so ist die Kommunikation und Informationszufuhr in Kingston nicht die beste...

Unterricht

Die Klasse wird in Animation und Illustration unterteilt und besteht ca. aus 90 Student(inn)en. Diese beiden Einheiten haben grundsätzlich getrennt voneinander Unterricht und eigene Fächer. Lediglich in den Theoriemodulen werden die beiden «Richtungen» vermischt, aber auch da ist es eher so, dass neue kleine Gruppen gegründet werden und bei unterschiedlichen Dozenten, und zum teil auch um unterschiedliche Zeiten, den Theorieunterricht besuchen. Die Woche besteht aus mehreren Modulen die das ganze Semester dauern. So ist es, dass ein Modul/Projekt nicht wie in der HSLU über längere Zeit am Stück, ergo die ganze Woche, stattfindet, sondern limitiert ist auf bestimmte (einzelne) Wochentage. Zu erfahren, wann und wo nun die Module stattfanden, blieb mein gesamter Aufenthalt über schwierig. Es wurden regelmässig neue Gruppen gegründet, für einmalig Besprechungen, um unterschiedliche Zeiten, so das man in der einen Woche Unterricht hat und in der nächsten nicht mehr. Zu Erfahren in welcher Gruppe, bei welchem Dozenten ist und wann und wo das ganze statt findet gelingt einem nur durch den Klassenchat. Da sich zum teil die Dozenten währen eines Projekts oder Moduls konstant änderten oder man sie nicht jede Woche sah, fand ich die Kritik und Betreuung auch weniger ansprechend/nützlich.Kingston ist sehr Theorie und vor allem Recherche bezogen. Der Grossteil des Kurrikulums besteht aus Theorimodulen oder Rechercheprojekten, die wenig bis gar nichts mit Animation zu tun haben. Da die Klasse für solche Module gemischt wird, kann man bei Gruppenprojekten in einer Gruppe enden, die nur Illustrations orientiert ist, was bei mir leider der Fall war. So durfte ich in einem Modul während drei Wochen an einer Ausstellung mitarbeiten, für die ich in meiner Gruppe, aus Illustratorinnen, Puzzleteile fertigstellen durfte.

Machte in einer Gruppe dieses Puzzle

Das gesamte Semester war eigentlich wie ein sehr langes IDA-Modul, in der man zusätzlich noch zwei Animationsprojekte fertigstellen muss. Dabei ist man für das Material und Ausrüstung, wie z.B. Programmen, selbst verantwortlich. Dass die Räumlichkeiten verteilt im alten wie im «neuen» Ersatzgebäude waren, diese eher klein Ausgerichtet waren für 90 Student(inn)en eines Jahrgangs von insgesamt drei, und man das Gebäude und somit die Räumlichkeiten um 8.00 Uhr Abends verlassen haben musste, waren eher suboptimal für das Arbeitsklima. Aufgrund von diesen eher unangenehmen Arbeitsbedingungen arbeiteten alle Studenten von zu Hause aus, was das Kennenlernen der Studienkameraden erschwerte.

Studienreise, Easter Break & Semesterende

Ein bis zwei Wochen nach dem Semesterbeginn findet für gewöhnlich eine freiwillige Studienreise in ein anderes Land statt, die ca. eine Woche dauert. Dieses Jahr war es auf New York. Da ich über dies erst spät Informiert wurde, dadurch keine Möglichkeit hatte mich weder finanziell noch bürokratisch auf diese Reise vorzubereiten, war sie für mich auch keine Option.

Ungefähr zwei bis drei Wochen nach der Studienreise hat man ca. drei Wochen Oster- und Frühlingsferien (Easter Break). Da alle aus meiner Klasse und meiner Nachbarn währen dieser Zeit in die Ferien oder nach Hause fuhren, hatte ich sehr viel Zeit für mich allein, so entschied ich mich zurück in die Schweiz zu fliegen, um an meiner Semesterarbeit zu arbeiten. Nach den Osterferien hat man noch Unterricht bis ende Mai und danach finden keine Module mehr statt, obwohl das Semester offiziell bis ende Juli geht. Das Zimmer im Studentenwohnheim kann man zwar künden muss es aber trotzdem bis zum Semesterende abzahlen und die £300 Pfund Buchungsgebühren erhält man dann auch nicht zurück. Man könnte sagen, dass man dort fest sitzt bis ende Juli.

Sozialleben & Klassenkammeraden

Das Kontaktknüpfen gestaltete sich lächerlich schwer. Da meine Klasse nach dem Unterricht, wenn wir denn Mal überhaupt Unterricht hatten durch das ganze Selbststudium, fast schon magisch schnell verschwanden und keiner zum Abhängen oder «einzgoziehe» (zusammen was trinken) mitkam, hatte ich zumeist sehr viel Zeit alleine zur Verfügung.

Engländer bleiben lieber unter sich. Sie sind zwar immer höflich, lächeln einem an und meinen man müsse mal unbedingt was zusammen unternehmen, aber Vorschläge und Einladungen werden immer mit einer Ausrede abgeschlagen und auf die nächste Woche verschoben, und die Woche darauf, und die darauf... Nun wenn jemand keine Zeit mit einem verbringen will, kann man da gegen schlecht was machen. Mein Sozial leben bestand aus WhatApp, Skype und daraus, einmal in der Woche auf London zufahren und mich dort mit einem Freund, ein Animations Alumni aus der HSLU, zu treffen, der gerade in London einen Job gefunden hatte. Dieser stellte mich dann auch seinen Arbeitskollegen vor. Dank ihm hatte ich dann auch sozialen Kontakt zu anderen Menschen.

In Kingston selbst gibt es einige Pubs und zwei Diskotheken, wer liebt zu tanzen wird da nicht enttäuscht. Für alle anderen könnte das eher fade Unterhaltungsangebot von Kingston enttäuschend sein. Ich bevorzugte es auf London zu fahren und dort die Stadt zu erkunden und die Museen zu besuchen. Da der Eintritt in die Museen gratis war, konnte ich öfters ins Museum zum Zeichnen. Man sollte nicht vergessen das London eine teure Stadt ist. Die öffentlichen Verkehrsmittel so wie die Miete übertreffen da selbst Schweizer preise.

Fazit

Natural History Museum London

Das Auslandssemester war für mich eine gute Erfahrung. Ich bin als Mensch gewachsen und habe gelernt selbstständiger zu sein. Das Leben in einem fremden Land hat mich auch selbstbewusster werden lassen. Ein Auslandssemester in Kingston würde ich, basierend auf meinen persönlichen Erfahrungen, aufrichtig niemandem Empfehlen, zu mindest keinem animations Studenten. Ich habe nicht den Eindruck, dass ich neues oder interessantes dazu gelernt hatte von Kingston. Wenn überhaupt hat es dafür gesorgt, dass ich die Schweiz nie wieder verlassen möchte, oder nicht mehr so schnell England besuchen will...

Die einzige gute Zeit, die ich dort hatte, war dank Freunde und Familie, aus der Schweiz, die mich besuchen sind. Wer auf Kingston geht, sollte sehr geduldig sein und gut organisiert. Informationen muss man sich selbst erkämpfen. Genug gespart sollte man auch haben, denn da die Uni in der nähe von London ist, sind die Preise dementsprechend hoch. Mit den Finanzen sollte man vorsichtig sein. Auf bereits gezahlt und dadurch von dem Preis abzuziehende Kosten wird von der Schule aus nicht aufgewiesen. Falls man es selbst nicht merkt, wird die Summe nicht von der Schule aus zurückerstattet. Man muss sich wieder selbst darum kümmern und versuchen die richtigen Leute zu erreichen.

Nach der Rückkehr hat man immer noch mit Kingston zu handeln. So sind bei mir irgendwelche dubiosen Putzgebühren in Rechnung gestellt worden, die nirgendwo im Mietvertrag stehen. Auf fragen erhält man nur schwer bis keine Antworten, vorausgesetzt es gelingt einem endlich eine/die richtige E-Mail Adresse zu finden.

Ich bin froh, dass ich ein Austauschsemester gemacht habe aber verärgert, dass ich es in Kingston machte.